Demo 1×1

Was ist auf Demos und nach der Festnahme zu beachten?

Keine Panik!

Bleib souverän und lass’ Dir nicht alles gefallen!

Bestehe auf Deinen Rechten!

Klar, es gibt riesige Unterschiede zwischen einer Demo und einer Demo. Oft sagen wir uns, dass bei der Demo sowieso nix passiert und haben auch oft recht damit. Dennoch sollten einige Grundregeln auch auf einer “Spaziergangs”-Demo beherzigt werden, weil auch solche schon Objekt polizeilicher Aktionen geworden sind.

Auf dem Weg zur Demo

Gehe nach Möglichkeit nie alleine auf eine Demo oder zu einer anderen Aktion. Es ist nicht nur lustiger mit Menschen unterwegs zu sein, die du kennst und denen du vertraust, sondern auch sicherer. Profimäßig ist es, zusammen hinzugehen und zusammen den Ort des Geschehens wieder zu verlassen. Sinnvoll ist es auch, in der Gruppe vorher das Verhalten für bestimmte Situationen abzusprechen. Dabei sollte Raum für Ängste und Unsicherheiten einzelner sein. Während der Demo sollte die Gruppe möglichst zusammen bleiben.

Ausrüstung

Achte auf angemessene Kleidung incl. Schuhe, in denen Du bequem und ggf schnell laufen kanst. Steck einen Stift und ein Stück Papier ein um wichtige Details zu notieren (siehe unten: Das Gedächtnisprotokoll) Nimm eine Telefonkarte und ein paar Groschen mit, die Polizei ist zwar nach einer Festnahme verpflichtet, dir auch dann 2 Telefonate zu gewähren, wenn du kein Geld dabei hast, aber sicher ist sicher. Nimm Medikamente, die du regelmäßig einnehmen musst, in ausreichender Menge mit. Besser Brille als Kontaktlinsen. Lass persönliche Aufzeichnungen, besonders Adressbücher zu Hause. Überleg gut, was du unbedingt brauchst.Alles andere kann im Falle einer Festnahme der Polizei nützen. Drogen jeglicher Art sollten weder vorher konsumiert, noch auf die Demo mitgenommen werden; schließlich musst du einen klaren Kopf bewahren und jederzeit in der Lage sein können, Entscheidungen zu treffen. Einen Fotoapperat brauchst du auch nicht, deine Fotos helfen im Falle einer Festnahme nur der Gegenseite.

Fotoapparat/Kamera mitzunehmen kann sinnvoll sein um evtl Übergriffe der Bullen zu dokumentieren – Bullen die sich bewusst sein müssen gefilmt zu werden handeln anders als welche die das Gefühl haben unbeobachtet zu sein – Auf jeden Fall aber sollte nur bewusst fotografiert/gefilmt werden und darauf geachtet werden nicht unnötig die Gesichter anderer Teilnehmer zu zeigen.

Auf der Demo

Mensch weiß nie, was kommt. Deshalb bleib bei den Leuten, die du kennst. Es kann auch nie schaden, sich unterzuhaken und in Ketten zu gehen. Nicht nur, daß die Stimmung gleich viel besser wird und sich Sprechchöre viel besser koordinieren lassen, nein, sollten die Ordnungswüter, Zivile oder andere Wildgewordene in den Demo-Zug einzudringen versuchen, bieten die Ketten einen verläßlichen Schutz. Deshalb achte darauf, daß zwischen den Ketten keine Lücken entstehen, und fordere Leute, die zwischen den Ketten rumlaufen, auf, sich einzureihen oder woanders zu gehen.

Der Ermittlungsausschuss

Meist gibt es einen EA (Ermittlungsausschuss) dessen Telefonnummer durchgesagt oder per Handzettel verbreitet wird. Der EA kümmert sich vor allem um Festgenommene, besorgt für sie Anwälte und Anwältinnen. Wenn jemand festgenommen wurde sollte sie/er sich beim EA melden. Wenn du Zeuge/Zeugin einer Festnahme wirst, versuche den Namen der/des Festgenommenen zu erfahren. Melde die Festnahme dem EA, damit ihr/ihm gefohlen werden kann. Menschen, die nach einer Festnahme wieder freigelassen werden, sollten sich sofort beim EA zurückmelden und ein Gedächtnisprotokoll anfertigen. So ein Gedächtnisprotokoll kann sehr nützlich sein, wenn nach einigen Monaten noch ein Verfahren eröffnet wird. (Auch die Polizei hält alles in ihren Unterlagen fest) Auch Zeugen/Zeuginnen von Übergriffen sollten ein Gedächtnisprotokoll anfertigen. Beinhalten sollte ein Gedächtnisprotokoll auf jeden Fall: Ort, Zeit und Art (Festnahme, Prügelorgie, Wegtragen) des Übergriffs, Namen der/des Betroffenen, Zeugen/Zeuginnen sowie Anzahl, Diensteinheit und Aussehen der Schläger (Oberlippenbart reicht nicht !). Dieses Gedächtnisprotokoll ist nur für den EA bestimmt, so es einen gibt, andernfalls erstmal sicher aufbewahren.

Bei Übergriffen

Nicht in Panik geraten, Tief Luft holen, stehen bleiben und auch andere dazu auffordern. Spätestens jetzt heißt es, schnell Ketten zu bilden und wenns’s gar nicht anders geht, sich langsam und geschlossen zurückziehen. Oftmals können Übergriffe der Freunde und Helfer allein durch das geordnete Kettenbilden und Stehenbleiben abgewehrt, das Spalten der Demo, Festnahmen und das Liegenbleiben von Verletzten verhindert werden.

Bei Verletzungen

Bist du oder jemand in deiner Umgebung verletzt worden, wende dich an die gekennzeichneten Demo-SanitäterInnen (so welche da sind, wird zumeist am Beginn der Demonstration auf diese erfreuliche Tatsache hingewiesen). Sind keine Demo-Sanis auffindbar, organisiere mit Freunden und Freundinnen den Abtransport von Verletzten. Wenn ihr ein Krankenhaus aufsuchen wollt/müßt, versucht eins zu erwischen, das etwas entfernt ist und mit der Demo nicht in Verbindung gebracht wird. Bei der Aufnahme kannst du ruhig erzählen, wie’s war, als du nämlich auf der Bananenschale ausrutschtest und die Kellertreppen runterfielst … Schon öfters haben Krankenhäuser die Namen von verletzten Demonstranten an die Cops weitergegeben, das führte zu ‘ner Menge zusätzlicher Scherereien.

Nach der Demo

Schlau ist, sich nicht alleine auf den Nachhauseweg zu machen. Auch am Ende oder nach der Demo versucht die Polizei oft einzelne festzunehmen. Deshalb geschlossen weg gehen und darauf achten, ob Mensch verfolgt wird. Falls es auf der Demo Zoff gab, melde dich bei Freundinnen und Freunden zurück, die wußten, daß du auf der Demo warst, damit du nicht als vermißt giltst!

Wenn du Zeuge oder Betroffene von Polizeiübergriffen, Festnahmen u.ä. wurdest, melde dich beim EA und fertige zu Hause ein Gedächtnisprotokoll an. Ins Gedächtnisprotokoll sollten rein:

1. Ort und Zeit der Festnahme, bzw. anderer polizeilicher Maßnahmen wie Abräumen, Wasserwerfereinsatz, Knüppelorgie etc.

2. Name der/des Verhafteten/Verletzten, Zeugen (sonst Personenbeschreibung)

3. Was passiert ist.

4. Merke dir die Anzahl der Bullen und wie sie ausgesehen haben (“Oberlippenbart” reicht meistens zur Identifizierung nicht aus).

[bearbeiten] Bei Festnahmen

Wirst du selbst festgenommen, mache auf dich aufmerksam (Fluchen!) und rufe deinen Namen, damit sich die Umstehenden diesen merken (ach dafür, Zettel und Bleistift!) und an den Ermittlungsausschuß (EA) weitergeben können. Wieder zu Hause notiere dir die Umstände der Festnahme, ggf. Zeugen, am besten ein richtiges Gedächtnisprotokoll. Dieses sollte der Ermittlungsausschuß bekommen, so es einen gibt, andernfalls erstmal aufbewahren. Oftmals erfahren die Betroffenen erst Monate später davon, daß ein Ermittlungsverfahren gegen sie läuft, dann ist so ein Protokoll Gold wert.

Beim Abtransport

Auf der Fahrt zu Gefangenensammelplätzen oder Revieren sprich ggf. mit den anderen Festgenommenen über eure Rechte, aber mit keinem Wort über das, was ihr oder du gemacht habt/hast. Das wäre nun wirklich nicht das erste Mal, wenn da ein Spitzel unter euch ist, auch wenn du ein gutes Gefühl zu allen hast.

Achte auf andere und zeige dich verantwortlich, wenn sie mit der Situation (Festnahme und so) noch schlechter klar kommen als du, das beruhigt auch dich, redet darüber, daß es Sinn macht, von jetzt ab konsequent die Schnauze zu halten. Tausche mit deinen Mitgefangenen Namen und Adressen aus, damit die/der zuerst Freigelassene den Ermittlungsausschuß informieren kann.

Auf der Wache

Bei der Identitätsfeststellung bist du nur verpflichtet, Angaben zu deiner Person zu machen, d.h.: Name, Adresse, Geburtsdatum und ungefähre Berufsangabe (Arbeiterin, Angestellter, Studentin, Erwerbsloser). Kein Wort mehr! Nichts über Eltern, Schule, Firma, Wetter, einfach: Gar nix! Das einzige was du sagst ist: “Ich verweigere die Aussage” Auch wenn die Bullen so tun als wärst du etwas bescheuert, wiederholst du nur “Ich verweigere die Aussage”.

“Schönes Wetter heute, was?” – “Ich verweigere die Aussage.”

“Ich habe ja vollstes Verständnis für sie.” – “Ich verweigere die Aussage”

Die Cops merken, dann schon, dass sie nichts aus dir herauskriegen und werden dich dann wieder in Ruhe lassen. Aber bis dahin verweigerst du alle Aussagen.

Keine Angaben zur Sache. Falle nicht auf Psychokisten rein, weder auf die guten Onkels und Tanten, die ja volles Verständnis für dein Anliegen haben, noch auf die Brutalo-Bullen, die dir gleich die Fresse polieren wollen. Behalte die Übersicht und deinen Kopf unter Kontrolle. All die feinen taktischen Schachzüge, die dir durch den Kopf gehen, wie du die Bullen reinlegen oder dich aus dem Schlamassel bringen könntest, vergiß sie! Jede Situation ist günstiger, um sich was Schlaues zu überlegen, als die, wenn du bei den Bullen sitzt, und alles – wirklich alles – ist auch nach Absprache mit deinen GenossInnen und dem/der AnwältIn möglich, auch wenn die Bullen dir erzählen, daß es zu deinem Vorteil gereiche, wenn du ihnen gegenüber Aussagen machen würdest.

Wenn du meinst, dir würden Sachen vorgehalten, mit denen du gar nix zu tun hast – halt bitte trotzdem die Klappe. Denn was dich entlastet, kann jemand anderen belasten, wenn von zwei Verdächtigen einer ein Alibi hat, bleibt immer noch einer über! Wenn du meinst, du steckst schon so tief im Schlamassel, daß du lieber alles zugeben willst, damit du nicht so hart verknackt wirst, shut up your mouth! Erst nachdem dein(e) AnwältIn Akteneinsicht hatte und ihr euch beraten habt, läßt sich eine gute Strategie festlegen. Wenn du erstmal gequatscht hast, nützt dir auch der/die beste AnwältIn kaum noch was. Außerdem reißt du womöglich unbeabsichtigt andere Leute mit rein. Und ein Argument für ganz Störrische: Ein Geständnis vorm Richtertisch zahlt sich immer mehr aus als bei den Bullen, wenn’s denn schon sein muß!

Nach der Festnahme hast du das Recht, zwei Telephongespräche zu führen. Nehme also etwas Kleingeld mit.

Wenn PolizistInnen dir dieses Recht verweigern, nerv’ sie, besteh’ darauf und droh’ mit einer Anzeige. Bei Verletzungen einen Arzt verlangen, der ein Attest anfertigt. Nach der Freilassung einen weiteren Arzt aufsuchen, der ebenfalls Verletzungen attestiert.

Bei beschädigten Sachen schriftliche Bestätigung verlangen. Bei ED-(erkennungsdienstlicher) Behandlung (Fotos/Fingerabdrücke) lege sofort Widerspruch ein und lasse diesen protokollieren, unterschreibe aber nichts.

Wie lange mußt du brummen?

zur Identitätsfeststellung:

Wenn du Tor keinen Ausweis dabei hast, höchstens zwölf Stunden.

als Zeuge zur Vernehmung:

Sofort nach der Identitätsfeststellung und der verweigerten Aussage (auch als Zeuge bei den Bullen dein gutes Recht!) mußt du entlassen werden.

als Verdächtiger einer Tat:

Nach 48 Stunden, besser, bis Mitternacht des darauffolgenden Tages mußt du entweder freigelassen worden sein oder einem Haftrichter vorgeführt werden.

Beim Haftrichter

Auch hier nur Angaben zur Person machen. Falls noch nicht geschehen, unbedingt weiterhin Kontaktaufnahme zu deinem/r AnwältIn oder deinen FreundInnen fordern. Wird Haftbefehl erlassen, laß die Beauftragung deines/r AnwältIn bzw. die Benachrichtigung von namentlich genannten anderen Personen protokollieren.

Laß dich nicht hängen und halte durch: “Wenn der Richter gestanden hat, holen wir dich raus!”; “In Rußland haben sie die Revolution auch nicht an einem Tag gemacht!”; “Mühsam nährt sich das Eichhörnchen!”; “Die Hunde bellen, aber die Karawane zieht weiter!” Solche und ähnliche Durchhalteparolen versüßen den Knastaufenthalt zwar auch nicht entscheidend, aber was willst du machen …

Wenn du wieder draußen bist

Melde dich unbedingt beim EA wieder an und bei deinem/r AnwältIn und dann kannst du dich hoffentlich verwöhnen lassen und relaxen. Nimmst du diese Verhaltensregeln in Kopf und Bauch auf, bist du gut gerüstet, um gegen die Staatswillkür die Nerven zu behalten.

Weitere Informationen Rechtshilfetipps der Roten Hilfe